Dr. John V. Urbas, <dr.john.urbas@online.de>
Überblick
Die Symptomatik spinaler Wurzelläsionen unterscheidet sich deutlich von peripheren Nervenläsionen.
Die Plexusbildung hat zur Folge, dass die segmentale (radikuläre) Innervation, d.h. das Innervationsgebiet eines Segments, nur noch im Rumpfbereich mit der peripheren Innervation, d.h. mit dem Innervationsgebiet des peripheren Nervs, übereinstimmt.
Segmentale vs. periphere Innervation
Da aus den Plexus periphere Nerven (z.B. N. axillaris) hervorgehen, die ihre motorischen Fasern aus verschiedenen Segmenten beziehen, werden die jeweiligen Skelettmuskeln (z.B. M. deltoideus) mindestens durch zwei Rückenmarksegmente (z.B. C5–C6) versorgt (multisegmentale Innervation), wobei es Ausnahmen im Rumpfbereich gibt.
Klinische Bedeutung
Für die Klinik bedeutet das:
Für die Diagnostik radikulärer Schädigungen gibt es sog. Kennmuskeln.
Einführung
Alle Strukturen einer gleichen Gewebeart oder einer gleichen Funktionseinheit, die man einzelnen Spinalsegmenten zuordnen kann, erhalten eine bestimmte Bezeichnung.
Die segmentale Gliederung ist ein Kennzeichen der radikulären Innervation und hat dadurch eine wichtige klinische Bedeutung. Zur Erinnerung:
Neurologische Segmente
Die Bezeichnung der neurologischen Segmente darf nicht mit der Bezeichnung der Wirbel selbst verwechselt werden!
Sie segmentale Organisation der Haut
Die segmentale Innervation der Haut kann in Dermatome schematisch aufgeteilt werden, indem die Hautareale durch Linien voneinander getrennt werden (Abb. 1).
Die Zellkörper der sensiblen Neurone liegen außerhalb der Medulla spinalis im Spinalganglion (Ganglion spinale).
Ein peripherer Nerv wird nun mit sensiblen Fasern aus verschiedenen Segmenten gespeist, d.h. er versorgt mehrere Dermatome.
Maximalgebiete vs. Autonomgebiete
Das von einem peripheren Nerv sensibel versorgte Areal wird als Maximalgebiet bezeichnet.
Einige Beispiele für Autonomiegebiete:
Übertragener Schmerz
Auch viszerosensible Empfindungen (d.h. Empfindungen der inneren Organe) werden über die Spinalnerven übertragen.
Die segmentale Organisation der Muskulatur
Obwohl alle Muskeln multisegmental innerviert werden, gibt es eine Reihe von hauptsächlich über ein Segment innervierte Muskeln.
Kennmuskel-Tests
Segmentwurzeln können z.B. durch Bandscheibenschäden auch Beschädigt werden. Kennmuskel-Tests bewerten in der Diagnostik bestimmte segmentale Etagen.
Einige Beispiele:
Im zervikalen Bereich
Segment Kennmuskel |
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C1–C2 Subokzipitale Muskulatur |
C2 M. sternocleidomastoideus |
C3–C4
M. trapezius M. levator scapulae Diaphragma |
C5 M. deltoideus |
C6 M. biceps brachii |
C5–C6
Mm. rhomboidei M. supraspinatus M. infraspinatus M. subscapularis M. teres major M. teres minor M. pectoralis major M. brachialis M. coracobrachialis M. brachioradialis Mm. extensores antebrachii |
C7 Mm. triceps brachii |
C8 M. abductor digiti minimi |
C7–C8
M. pectoralis minor M. latissimus dorsi Mm. flexores antebrachii kleine Handmuskeln |
In den übrigen Segmenten
Segment Kennmuskel |
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Th1 Mm. interossei palmares und dorsales |
Th2–Th12 Mm. intercostales externi und interni |
L1 M. iliopsoas |
L2 Mm. adductores |
L3 M. quadriceps femoris |
L4 M. tibialis anterior |
L5 M. extensor hallucis longus |
S1
Mm. peronei M. triceps surae |
S2
Mm. ischiocrurales M. gluteus maximus |